1920 – 1921 – 1922 – 1923 – 1924
1925 – 1926 – 1927 – 1928 – 1929
1930 – 1931 – 1932 – 1933 – 1934
1935 – 1936 – 1937 – 1938 – 1939
1940 – 1941 – 1942 – 1943 – 1944
1945 – 1946 – 1947 – 1948 – 1949
1950 – 1951 – 1952 – 1953 – 1954
1955
1919
Januar 1919
antisemitische Flugblattaktionen in Siegen
Frühjahr 1919
Erste Gründung einer NS-Vorläufergruppe: Siegerländer Hakenkreuzer im Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund durch Arnold Feldmann u. a.
1920
1920
Synagogenschändung in Siegen
1920
frühester Beleg über Siegerländer Mitgliedschaft in NSDAP
28.7.1920
Im christlich-sozialen Zentralorgan Das Volk (Siegen) der DNVP wird „Verbannung“ aller Juden aus dem politischen und bürgerlichen Leben, für „Ostjuden“ aber „Konzentrationslager“ gefordert
1920 bis 1928
DNVP mit Abstand erfolgreichste Partei in Siegerland und Wittgenstein
vor August 1920
Gründung einer Gruppe der Deutsch-Sozialistischen Partei im Siegerland
Dezember 1920
Hausdurchsuchungen bei bekannten Mitgliedern von DNVP und DVP auf Waffenverstecke und Überprüfung auf Zugehörigkeit zur als verfassungsfeindlich verbotenen paramilitärischen Organisation Escherisch (Orgesch)
1921
1921
Erstes Jahresfest des Siegener Kriegervereins nach dem Krieg, Beflaggung der Häuser mit Schwarz-Weiß-Rot, den Farben der rechten Verfassungsgegner, ein Haus mit Schwarz-Rot-Gold
August bis Mitte September 1921
Angesichts des Lohnrückstands der Siegerländer Unternehmen und angesichts der Passivität der gewerkschaftlichen Organisationen spontane, rasch um sich greifende Streiks, dann öffentliche Kundgebungen mit tausenden Teilnehmern, die sich in Siegen und Weidenau zu Straßenunruhen steigern, Forderung nach Preissenkungen, Plünderungen vor allem der meist jüdischen Textil- und Schuhgeschäfte in Siegen und Weidenau, massiver Polizeieinsatz, dabei viele Schwerverletzte, ein Toter
1922
24.6.1922
Mord an Reichsaußenminister Walther Rathenau (DDP) durch Rechtsextremisten; Siegerland: Verbot der Siegerländer Hakenkreuzer
Juni 1922
„Nationale Sonnwendfeier“ der „Arbeitsgemeinschaft vaterländisch gesinnter Verbände des Siegerlandes“ auf dem Kindelsberg, „an die achttausend“ Teilnehmer
1923
Mai 1923
Gründung eines Zusammenschlusses von Siegerländer Einzelmitgliedern der in Preußen illegalen NSDAP (1922 nach Mord an Außenminister Rathenau verboten), dem die regionale Gruppe der Deutsch-Sozialistischen Partei beitritt; erste SA-Mitgliedschaften im Siegerland
Juni 1923
Überführung des wegen terroristischer Akte hingerichteten Nationalsozialisten Leo Schlageter mit Halt des Zugs in Weidenau, „eine nach vielen Tausenden zählende Menschenmenge“, darunter Jungdo und Stahlhelm, geben „letztes Geleit“
Juli 1923
Schützenfest in Siegen, Beflaggung der Häuser mit Schwarz-Weiß-Rot, ein Haus mit Schwarz-Rot-Gold, der jüdische Eigentümer wird angegriffen und muss das Verfassungsbekenntnis entfernen
Oktober/November 1923
nicht näher datierte „antisemitische Ausschreitungen gegen jüdische Geschäfte“
1924
ab Januar 1924
Offensive der regionalen Unternehmerschaft zur Rückkehr zum Arbeitszeitniveau der Kaiserzeit (10-Stunden-Tag) weitgehend erfolgreich
4.5.1924
Erste Teilnahme von NS-Gruppierungen (Ersatz- und Nachfolgeorganisationen der nach dem Novemberputsch 1923 erneut verbotenen NSDAP) an Reichstagswahlen: im Kr. Wittgenstein Ergebnis deutlich über dem Reichsschnitt (7,9 Prozent), ein erster Sitz in der Stadtverordnetenversammlung Siegen für die Ersatzorganisation Völkisch-Sozialer Block (Hitler-Straßer), der Gewählte wird „Hospitant“ der DNVP-Fraktion
14./15.6.1924
„Deutscher Tag“ des nationalistischen Lagers in Siegen und Weidenau: als Schirmherr Erich Ludendorff, Ex-General, Nationalsozialist, Anführer des Hitler-Ludendorff-Putschversuchs vom 9.11.1923; Siegener Nationalsozialisten führend im Organisationsausschuß, Beteiligung von Kriegervereinen und Veteranenkameradschaften, der regionalen NS-Gruppen, paramilitärischer Wehrverbände (Jungdo, SA, Stahlhelm u.a.); 1.000 Siegerländer zum Empfang von Ludendorff, Konzerte, Festgottesdienst, „Taufe“ der Schachtanlage Neue Haardt zum „Ludendorff-Schacht“; vergeblicher Versuch der Deutschen Friedensgesellschaft zu Gegenkundgebung
September 1924
Allgemeine Absenkung des Lohnniveaus für einen großen Teil der Beschäftigten der Metallindustrie
7.12.1924
Teilnahme von NS-Ersatz- und Nachfolgeorganisationen an Reichstagswahlen: sowohl im Siegerland als auch in Wittgenstein Ergebnisse über dem Reichsschnitt, teure Großanzeigen der National-Sozialistischen Freiheitsbewegung Großdeutschlands (Völkisch-Sozialer Block) in der Siegener Zeitung
1925
Februar 1925
Mit Aufhebung des NSDAP-Verbots Neugründung und Neuorganisation der Partei wie ihrer Gliederungen, so der SA, auch im Siegerland und in Wittgenstein
1926
1926
Kreis-Krieger-Verband Siegerland mit 7.400 Mitgliedern in 38 örtlichen Vereinen, davon 2.500 im Siegener Kriegerverein, als einer der großen Verbände im reichsweiten Kyffhäuserbund auf dem Höhepunkt seiner Mitgliederentwicklung
Januar/Februar 1926
In der Öffentlichkeit, im Kreistag, schließlich im Landtag „Siegerländer Flaggenstreit“ wegen Bevorzugung von Schwarz-Weiß-Rot gegenüber Schwarz-Rot-Gold als öffentlich verwendeten politischen Symbolfarben
1929
22.12.1929
Volksentscheid zu „Young-Plan und Kriegsschuldlüge“: regionale Initiatoren und Kampagnenträger: DNVP, Stahlhelm, NSDAP, Deutschvölkischer Freiheitsbewegung und Teile der DVP, Hauptorganisator: NSDAP, in Wittgenstein deutlich, im Siegerland weit über dem Reichsergebnis; davon stark abweichend in katholischen Gemeinden Mißerfolg des Volksentscheids
1930
Mitte 1930
Etwa 200 SA-Mitglieder im Organisationsbereich Siegerland-Olpe-Wittgenstein
3.9.1930
Siegen: Wahlkundgebung der NSDAP mit 2.000 Teilnehmern
14.9.1930
Reichstagswahl: erste große regionale Wahlerfolge der NSDAP, im Siegerland ca. ein Fünftel der Stimmen und zweitstärkste Partei nach dem EVD, in Wittgenstein ca. ein Drittel, dort mit Abstand stärkste Partei
Oktober 1930
Laasphe: tätliche Auseinandersetzung zwischen jüdischen Bürgern und SA
Ab Ende 1930
Offensive der regionalen Unternehmerschaft zur Erzwingung drastisch abgesenkter Löhne und Lohnnebenkosten, Kündigung der Tarife, Ablehnung von Schlichtungssprüchen, Massenkündigungen, schrittweise einschneidende Senkung der Masseneinkommen
1931
März 1931
Gründung einer SS-Formation für Siegerland-Wittgenstein, rasches Wachstum
7.8.1931
Berleburg: Demonstration und öffentliche Kundgebung der NSDAP mit 1.000 Teilnehmern
9.8.1931
Volksentscheid zur Auflösung des Preußischen Landtags: getragen von DNVP, Stahlhelm, NSDAP, DVP, Reichspartei des deutschen Mittelstands (Wirtschaftspartei) u.a. Parteien des rechten Spektrums, unterstützt von der KPD; in Siegerland und Wittgenstein mit absoluter Mehrheit erfolgreich, in Preußen insgesamt erfolglos
27.10.1931
Gründung der Siegerländer National-Zeitung als Parteizeitung der NSDAP
7.11.1931
Programmatische Erklärung des Wittgensteiner Kreisblatts: „eine gewisse Neutralität auf dem Boden der nationalen Bewegung“ und „gutes Einvernehmen“ mit NSDAP
Ende 1931
12.606 gemeldete Arbeitssuchende im Arbeitsamtsbezirk Siegen (Kreise Siegen und Wittgenstein, Nebenstelle Betzdorf), d.h. auf 1.000 Einwohner 96 Arbeitslose
1932
12.3.1932
Siegen: antifaschistische Kundgebung der sozialdemokratischen Eisernen Front mit 5.000 Teilnehmern, gewaltsame Auflösung durch Polizei, die den unbeteiligten Wilhelm Oster erschießt
Ende März 1932
Höhepunkt der Arbeitslosigkeit im Arbeitsamtsbezirk Siegen mit 106 Arbeitslosen auf 1.000 Einwohner
1.4.1932
Wittgensteiner Kreisblatt für mehrere Wochen mit Beilage Der Nationalsozialist. Tageszeitung für das schaffende Volk
2.4.1932
Propagandamarsch von 2.000 Mitgliedern der SA, SS, HJ und NSDAP von Kreuztal nach Siegen mit großer Abschlußkundgebung, Tausende an den Straßen, 10.000 auf dem Kundgebungsplatz
10.4.1932
Reichspräsidentenwahl: in Siegerland und Wittgenstein absolute Mehrheiten für Hitler, im Reich etwas mehr als ein Drittel der Stimmen
19.6.1932
Siegen: öffentlicher Appell der SA mit 1.200 bis 1.600 Mitgliedern trotz Verbots politischer Kundgebungen mit Genehmigung der Stadt; Feldgottesdienst, Volksfest, Tausende von Teilnehmern
Juli 1932
Mit der Aufhebung der Organisationsverbote für SA und SS sowie des Verbots politischer Kundgebungen kommt es im Zuge einer reichsweiten Welle terroristischer
Aktivitäten auch im Siegerland und in Wittgenstein zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Schießereien vor allem zwischen SA und KPD.
31.7.1932
Reichstagswahl: regionaler NSDAP-Erfolg weit über Reichsschnitt; davon stark abweichend im mehrheitlich katholischen Amt Netphen annähernd absolute Mehrheit für die Zentrumspartei
7. oder 8.8.1932
Siegfried Betz (SPD), Holzhausen, von SA im Zuge eines Propagandamarschs angeschossen, an der Verletzung verstorben
Mitte September 1932
Siegen: Demonstration von 1.000 Siegerländer Arbeitslosen, Kundgebungsredner Emil Graskamp, Siegen (KPD)
27.10.1932
Siegen: Wahlkundgebung der NSDAP mit dem Reichsorganisationsleiter Gregor Straßer, 10.000 Teilnehmer
31.10.1932
Wahlkundgebung der NSDAP mit Hitler in der Siegaue bei Scheuerfeld, 30.000 Teilnehmer
6.11.1932
Reichstagswahl: letzte demokratische Wahl vor der Machtübergabe mit regionalem NSDAP-Erfolg weit über Reichsschnitt, Wittgenstein gegen den Trend einziger Kreis im Reich mit weiterem Zugewinn gegenüber Reichstagswahlen vom 31.7.1932, unterdurchschnittlicher Rückgang der NSDAP im Siegerland, leichte Verschiebungen zugunsten der Konkurrenten EVD und DNVP; davon stark abweichend im mehrheitlich katholischen Amt Netphen annähernd absolute Mehrheit für die Zentrumspartei
Dezember 1932
Erneuter Vorstoß der regionalen Eisen- und Stahlindustriellen zu radikalem Abbau von Löhnen und Sozialleistungen, deshalb Entlassung aller Beschäftigten, Neueinstellung nur bei Zustimmung zu den Bedingungen der Unternehmer
1933
30.1./1.2.1933
Nach Übergabe der Regierungsgewalt an die NSDAP und ihre Verbündeten („Kabinett Hitler“) Höhenfeuer, Fackelzüge, Dankgottesdienste, Festveranstaltungen im Siegerland und in Wittgenstein
30.1.1933
Schließung des Parteibüros der KPD in Siegen, Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen
31.1.1933
Siegen: Antifaschistische Kundgebung der KPD mit 1.000 Teilnehmern
4.2.1933
Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen bei allen KPD-Funktionären in Siegerland und Wittgenstein, Inhaftierungen
Februar 1933
Arfeld (Wittgenstein): Ausschreitungen gegen jüdische Familien
22.2.1933
Bildung einer Hilfspolizei aus SA, SS und Stahlhelm in Siegerland und Wittgenstein
Ende Februar/Anfang März 1933
Verhaftung einer großen Zahl von Siegerländer und Wittgensteiner Kommunisten nach Reichstagsbrand und Hindenburg-Verordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28.2.1933
5.3.1933
Letzte, bereits unter Ausnahmebedingungen stattfindende Reichstagswahl: regionaler NSDAP-Erfolg weit über Reichsschnitt; davon stark abweichend im mehrheitlich katholischen Amt Netphen Zugewinn und annähernd absolute Mehrheit für die Zentrumspartei; vorher schwere Behinderungen von KPD und SPD, zeitweises Verbot der Tageszeitungen Das Volk (EVD) und Sieg-Rheinisches Volksblatt (Zentrum), nach der Wahl Siegesfeiern tausender Siegerländer Anhänger von Stahlhelm, NSDAP und DNVP auf Großkundgebungen in Klafeld und Siegen, Höhenfeuer und Dankgottesdienste, an denen SA und SS in Uniform teilnehmen
ab Frühjahr 1933
Zahlreiche Mitglieder und Anhänger von KPD, SPD, Zentrum und Gewerkschaften werden in den Keller des Braunen Hauses der NSDAP in Siegen verschleppt und dort schwer mißhandelt.
Anfang März 1933
Verbot der Siegener Volks-Zeitung (SPD)
11.3.1933
Verhaftungsaktion gegen Siegerländer KPD
12.3.1933
Kommunalwahlen (Kreistage Siegerland und Wittgenstein, Stadtverordnetenversammlung Siegen)
31.3.1933
Siegen: erste Sitzung der neuen Stadtverordnetenversammlung, Ehrenbürgerschaft für Hitler und Hindenburg (mit 16 Stimmen der NSDAP, 3 der DNVP, 3 des EVD, 8 des Zentrums, bei 4 Enthaltungen der SPD, Mandat des letzten KPD-Vertreters annulliert)
April 1933
Bekenntnis der im Siegerland führenden christlich-sozialen Gewerkschaftsverbände zur neuen Staatsführung, wenig später Selbstauflösung
April 1933
DVP Siegen-Wittgenstein löst sich auf und empfiehlt Mitgliedern entgegen der Beschlußlage der Gesamtpartei Übertritt in die NSDAP
April 1933
Razzien nach politischen Gegnern in Wittgensteiner Ortschaften, Verhaftungen von Mitgliedern von SPD und KPD im Siegerland und in Wittgenstein
April 1933
Siegerländer SS im Einsatz im gerade eingerichteten KZ Papenburg, Lager Börgermoor
Anfang April 1933
Laasphe: Ausschreitungen der SA gegen jüdische Familie
Anfang April 1933
Berufsverbote gegen jüdische Siegerländer im öffentlichen Dienst (Finanz- und Gesundheitsverwaltung) nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7.4.1933
1.4.1933
Laasphe: erste Sitzung der neuen Stadtverordnetenversammlung, Ehrenbürgerschaft für Hitler
1.4.1933
Boykott- und Schmier-Aktionen gegen jüdische Geschäfte im Siegerland und in Wittgenstein, öffentliche Bekanntgabe von Kunden
5.4.1933
Berleburg: erste Sitzung der neuen Stadtverordnetenversammlung, Ehrenbürgerschaft für Hitler und Hindenburg
18.4.1933
Richard Renner, Wittgensteiner Gewerkschaftssekretär und Kreistagsabgeordneter (SPD), in Polizeihaft, Einweisung in das KZ Papenburg
19.-23.4.1933
In Berleburg und Dotzlar umfangreiche Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern von SPD und KPD, Verhaftungen in Berleburg, Dotzlar und Laasphe
21.4.1933
Resolution des Unternehmerverbands der Siegerländer Gruben und Hütten zur Unterstützung der Regierung Hitler und zur Mithilfe bei der „Beseitigung des Klassenkampfes“ und der Herbeiführung einer „harmonischen Zusammenarbeit der Arbeitgeber und Arbeitnehmer“
23.4.1933
Selbstauflösung der Siegerländer Gliederungen von DStP, Zentrum, EVD, DNVP
23.4.1933
Öffentliche Verbrennung unerwünschter Literatur durch SA in Dotzlar
Mai 1933
Verhaftung von Siegerländer KPD- und SPD-Mitgliedern
Mai 1933
Öffentlich ausgetragene Auseinandersetzung der Siegerländer National-Zeitung mit der Siegener Zeitung um den Anspruch der SZ, das „Organ des nationalsozialistischen deutschen Staates und des unter Adolf Hitlers Führung erwachten Volkes“ zu sein, offizielle Bestätigung der Rolle der SNZ als Parteizeitung der NSDAP
Mai 1933
Selbstauflösung der den bürgerlichen Parteien der Mitte nahestehenden „liberalen“ Hirsch-Dunkerschen Gewerkvereine
2.5.1933
Siegen: Stürmung, Verwüstung und Beschlagnahme des „Hauses der Arbeit“ der freien Gewerkschaften (ADGB), der SPD und der sozialdemokratischen Siegener Volks-Zeitung durch SA-Kommando unter Führung des Standartenführers Paul Giesler, schwere Mißhandlungen von SPD- und Gewerkschaftsvertretern (Otto Bäcker, Peter Müller, Gustav Vitt u.a.), Inhaftierungen
10.5.1933
Siegen: öffentliche Verbrennung unerwünschter Literatur
19.5.1933
Berleburg: Ausschluß aller „Zigeuner“ aus kommunalen Unterstützungsleistungen
19.6.1933
Dankresolution der reformierten Kreissynode Siegerland an die „Männer der nationalen Regierung“
29.6. 1933
Betätigungsverbot für SPD-Funktionäre durch Landrat des Kreises Siegen
Sommer 1933
Wohnviertel der als „Zigeuner“ bezeichneten Berleburger unter Ausnahmerecht (Sperrstunden, Ausgehverbot, bewaffnete Streifen, Razzien, willkürliche Verschleppungen, Mißhandlungen)
Juni 1933
Inhaftierung mehrerer NS-kritischer Feudinger
ab Mitte 1933
Beginn von Flucht und Vertreibung von jüdischen Siegerländern und Wittgensteinern einhergehend mit der Aneignung ihres Eigentums durch Mehrheitsbevölkerung und Staat („Arisierung“)
Juni/Juli 1933
Verhaftungswelle gegen Zeugen Jehovas („Ernste Bibelforscher“)
Juli 1933
Siegen: umfangreiche Verhaftungs-, Razzien- und Beschlagnahmeaktionen gegen KPD
Juli 1933
Verhaftungen wegen NS-Kritik in Hesselbach und Niederlaasphe
19.7.1933
Berleburg: Fürstlicher Kammerdirektor Gotthold Reinhardt von SA-Trupp unter Führung des Standartenführers Paul Giesler schwer mißhandelt, Inhaftierung
26.7.1933
Inhaftierung mehrerer jüdischer Erndtebrücker
1.8.1933
Nach zeitweiligem Verbot Einstellung der Tageszeitung Das Volk (EVD/CSVD), Fortführung als Wochenblatt
1.8.1933
Wittgensteiner Kreisblatt als Wittgensteiner National-Zeitung parteiamtliches Organ der NSDAP
November 1933
Erste Anstrengungen des Oberbürgermeisters Alfred Fissmer, Siegen zur Garnisonstadt zu machen
7.9.1933
In Berleburg wird Rechtsanwalt Dr. Hugo Gloede, Rechtsbeistand des Kammerdirektors Reinhardt, von SA unter Führung des Standartenführers Paul Giesler als „Volksschädling“ mit umgehängtem Schild unter Musikbegleitung durch die Straßen geführt, Abschlußkundgebung, 2.000 Teilnehmer, Mißhandlung von Gloede, dessen Inhaftierung.
9.9.1933
In Laasphe wird Max Hony von SA mit Schild und Schelle als Jude und „Rassenschänder“ durch die Straßen geführt und über die Grenze nach Hessen getrieben.
Mitte November 1933
In Berleburg, Fischelbach und Raumland wird Kunden jüdischer Geschäftsinhaber Bekanntgabe auf „Schandtafeln“ angedroht.
19.11.1933
Rinthe bei Erndtebrück: Erschießung eines Ortsbewohners bei Zusammenstößen zwischen SS und jungen Männern aus dem Ort
1934
ab 1934
Wiederaufnahme der Erzförderung in stillgelegten, weil nicht mehr rentablen Siegerländer Grubenbetrieben im Zuge des Kriegsvorbereitungsprogramms
ab 1934
Zwangssterilisation Siegerländer und Wittgensteiner „Erbkranker“ im Stadtkrankenhaus Siegen und in der Universitätsklinik Marburg (alleine im Siegerland in den Jahren 1934 und 1935 43 Sterilisierungen)
29.1.1934
Abschluß Hochverratsprozeß gegen eine Gruppe von Siegerländer Angehörigen des Kampfbunds gegen den Faschismus und der KPD vor dem Oberlandesgericht Hamm
April 1934
Inhaftierung der Verleger und Redakteure des Sieg-Rheinischen Volksblatts (Zentrum)
April 1934
Laasphe: mit Beginn des neuen Schuljahrs Ausschluß der jüdischen Schüler aus Mittelschule und Gymnasium durch die örtlichen Rektoren
13.8.1934
Siegen: Beginn des Baus von Kasernen und anderen militärischen Einrichtungen
1935
1935
Tagung der zweiten Freien Reformierten Synode in Siegen mit NS-kritischen Stellungnahmen
27.9.1935
Prozeß wegen „Heimtücke“ gegen den katholischen Pfarrer Wilhelm Ochse (Siegen) vor Sondergericht Dortmund in Siegen
Herbst 1935
Mehrere Prozesse wegen „Heimtücke“ vor Sondergericht Dortmund in Siegen
16.10.1935
Siegen: Beginn des Bezugs der neuen Kasernen durch die Wehrmacht
23.10.1935
Erste Luftschutzübung in Siegen
November 1935
Prozeß gegen 14 Zeugen Jehovas vor Sondergericht Dortmund in Siegen
1936
ab 1936
Ausschluß jüdischer Händler vom Krombacher Viehmarkt
1936
In Laasphe wird der Sohn des Rechtsanwalts Walther Hesse von SA in einem Umzug mit Schild und Schelle als Jude und „Rassenschänder“ durch die Straßen geführt.
1936
Internierung von Siegener Prostituierten auf Initiative der Sozialverwaltung im Arbeitshaus Benninghausen bei Lippstadt
April 1936
Berleburg und Laasphe: öffentliche Bloßstellung jüdischer und „zigeunerischer“ Wittgensteiner Familien im Zuge einer Wanderausstellung zu Rassenbiologie und Erbhygiene; mit 6.000 Besuchern höchster Besuch im Gau Westfalen-Süd, Begleitveranstaltungen, Auftritte des SGV und örtlicher Gesangvereine
Juni 1936
Prozeß wegen „Heimtücke“ gegen den evangelischen Pfarrer Adolph Steinle (Netphen) vor Sondergericht Dortmund in Siegen
1.8.1936
Siegen: Stationierung einer weiteren Wehrmachtseinheit
1937
Februar 1937
Mehrere Prozesse wegen „Heimtücke“ vor Sondergericht Dortmund in Siegen
19.5.-10.6.1937
Rassenbiologische Erfassung der in der Mehrheitsbevölkerung als „Zigeuner“ geltenden Wittgensteiner und Einordnung entweder als „Zigeunermischlinge“ oder als „asoziale“, jenische „Nicht-Zigeuner“ durch eine Arbeitsgruppe der Rassenhygienischen und Bevölkerungspolitischen Forschungsstelle im Reichsgesundheitsamt
5.12.1937
Wiederaufnahme der Produktion im letzten während der Weltwirtschaftskrise stillgelegten Siegerländer Betrieb der Eisen- und Blechverarbeitung
1938
11.3.1938
Schauprozeß gegen die in die Niederlande geflüchtete jüdische Familie Marx (Siegen) vor Sondergericht Dortmund in Siegen
15.3.1938
Evangelischer Pastor und NS-Gegner Theodor Noa (Siegen) tot im Landwehrkanal in Berlin aufgefunden
Pfingsten 1938
Auflösung der in Siegen tagenden Reichsversammlung des CVJM durch Gestapo
Juni 1938
Verhaftungen, KZ-Einweisungen (Buchenwald, Dachau) und in der Folge Tod einer nicht bekannten Zahl von Siegerländern und Wittgensteinern im Zuge der „Aktion gegen Volksschädlinge und Arbeitsscheue“
Juli 1938
Auf 1.000 Einwohner 0,6 Arbeitslose im Arbeitsamtsbezirk Siegen, Facharbeitermangel im Bergbau, in der eisenschaffenden und -verarbeitenden Industrie, im Baugewerbe
28.10.1938
Deportation und Tod von Geisweider Juden im Verlauf der Abschiebung von 15.000 für staatenlos erklärten Juden als „Ostjuden“ über die Grenze nach Polen
9.11.1938
Berleburg: Plünderung und Verwüstung der Synagoge, Verbrennen des Inventars, Verwüstung und Plünderung jüdischer Wohnungen und Geschäftsräume; Laasphe: Verwüstung und Plünderung der Synagoge sowie der jüdischen Geschäfte; Ausschreitungen minestens auch in Beddelhausen und Schwarzenau
10.11.1938
Siegen: Zerstörung der Synagoge durch Brandstiftung; Hilchenbach: Festnahme, öffentliche Bloßstellung und Mißhandlung der jüdischen Männer auf dem Marktplatz
im Anschluß an den 9. und 10.11.1938
Deportation der männlichen Mitglieder der regionalen jüdischen Gemeinden im Alter von 14 bis 70 Jahren in das KZ Sachsenhausen, schubweise Entlassung bis in die ersten Monate 1939; ein Angehöriger der Laaspher Familie Marburger in der Haft zu Tode geprügelt, Selbstmorde unter dem Eindruck der Ereignisse
15.11.1938
Ausschulung der jüdischen Schüler in Siegerland und Wittgenstein
1938/1939
Höhepunkt von Flucht und Vertreibung jüdischer Siegerländer und Wittgensteiner ins Ausland und in die Großstädte, Aneignung des Eigentums der ins Ausland Gegangenen durch Mehrheitsbevölkerung und Staat
1939
1939
Erste Zuweisungen von slowakischen und tschechischen Arbeitskräften für Siegerland und Wittgenstein nach Annexion des Sudetengebiets und Auflösung der CSR, von polnischen Arbeitskräften nach Eroberung Polens, Beginn der Einrichtung eines flächendeckenden Systems von betrieblichen und kommunalen Lagern für ausländische Arbeitskräfte
Februar 1939
Defizit von 2.000 Arbeitskräften in der Siegerländer Industrie
April 1939
Prozeß gegen Zeugen Jehovas vor Sondergericht Dortmund in Siegen
September 1939
Prozeß gegen Zeugen Jehovas vor Sondergericht Dortmund in Siegen
1940
1940
Erste Zuweisungen von französischen Arbeitskräften (Kriegsgefangenen) ins Siegerland, zunächst zur Realisierung eines umfangreichen Luftschutzprogramms für Siegen
12.5.1940
Erster Luftalarm in Siegen
5.9.1940
Gründung der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft Wittgenstein zur Beschaffung vor allem enteigneter jüdischer Grundstücke mit dem Ziel ihrer Verwertung im Rahmen des „sozialen Wohnungsbaus“
November 1940
Beginn des Baus von Luftschutzbunkern in Siegen
1941
Mitte 1941
Krankenmorde („Euthanasie“) an Siegerländer Behinderten
4.11.1941
Arfeld (Wittgenstein): öffentliche Hinrichtung des polnischen Arbeiters Jan Zybura wegen unerlaubter Beziehungen zu einer Deutschen
1942
28.4.1942
Deportation von jüdischen Siegerländern und Wittgensteinern nach Zamosc (Polen), Aneignung ihres Eigentums durch Mehrheitsbevölkerung und Staat
5.6.1942
Laasphe: öffentliche Versteigerung von jüdischem Mobiliar und Hausrat
10.6.1942
Berleburg: öffentliche Versteigerung von jüdischem Mobiliar und Hausrat
27.7.1942
Deportation von jüdischen Siegerländern und Wittgensteinern in das KZ Theresienstadt, Aneignung ihres Eigentums durch Mehrheitsbevölkerung und Staat
September 1942
Berleburg: öffentliche Versteigerung von jüdischem Mobiliar und Hausrat
Frühsommer oder Frühherbst 1942
Öffentliche Versteigerung des beweglichen Eigentums der deportierten Familie Stern in Beddelhausen durch einen Beamten des Finanzamts Siegen, nachdem die örtliche Gemeindeverwaltung (als einzige Kommune in Wittgenstein) Erwerb und Verkauf abgelehnt hat
15.10.1942
Ausschulung der „jüdischen Mischlinge“
29.10.1942
Ausschulung der Berleburger „Zigeunermischlinge“
1943
14.1.1943
Aneignung des Werks Woroschilow – D.I. Fabrika in Dnjepropetrowsk (Ukraine) als Filialbetrieb durch die SIEMAG in Dahlbruch
27.2.1943
Deportation von jüdischen Siegerländern und Wittgensteinern in das KZ Auschwitz-Birkenau, Aneignung ihres Eigentums durch Mehrheitsbevölkerung und Staat
9.3.1943
Deportation von etwa 140 Wittgensteinern, die meisten aus Berleburg und die Hälfte Kinder, in das „Zigeuner-Lager“ von Auschwitz-Birkenau, Aneignung ihres Eigentums durch Mehrheitsbevölkerung und Staat, Sterilisierung eines Teils der von der Deportation verschont Gebliebenen
1.4.1943
Zusammenschluß der Verlage der Siegener Zeitung und der National-Zeitung (NSDAP) zu einem Gemeinschaftsverlag, Vereinigung der beiden Zeitungen unter dem Titel der Siegener Zeitung
1944
September 1944
Deportation von mit Nichtjuden verheirateten jüdischen Siegerländern und Wittgensteinern sowie von „Mischlingen 1. Grades“ zur Zwangsarbeit in Lager zumindest in Berlin, Grevenbrück, Kassel-Bettenhausen
4.2.1944
Luftangriff auf Weidenau
2.3.1944
Luftangriff auf Neunkirchen
22.7.1944
Verhaftung vermuteter NS-Gegner im Siegerland, vor allem früherer Mitglieder von Zentrum, SPD und KPD, nach gescheitertem Putschversuch („Stauffenberg-Attentat“)
August 1944
In den Ämtern des Landkreises Siegen von 29.499 Beschäftigten 11.466 Ausländer aus etwa 15 Herkunftsstaaten, ganz überwiegend aus der UdSSR
August 1944
Vernichtung der 9. Infanterie-Division mit dem Infanterie-Regiment 57 und dem Artillerie-Regiment 9, beide in Siegen beheimatet, durch die Rote Armee in Rumänien, förmliche Auflösung der Division als Teil der Wehrmacht
Herbst 1944
Mehr als 15.000 ausländische Arbeitskräfte in Stadt und Kreis Siegen in etwa 200 betrieblichen und kommunalen Lagern sowie in zahlreichen handwerklichen und landwirtschaftlichen Kleinbetrieben und als Haushaltshilfen in Familien
Herbst 1944 bis April 1945
Tötung einer großen Zahl von ausländischen Arbeitskräften, von Gruppen wie von einzelnen, durch Angehörige von Wehrmacht, Volkssturm, SS, Gestapo und Zivilisten
17.9.1944
Luftangriff auf Bahnhof Siegen, Reichsbahnausbesserungswerk, Wellersberg
16.12.1944
Explosion einer vom Leitstand Siegen dirigierten V 1 in einem vollbesetzten Kino in Antwerpen, 561 Tote, 291 Schwerverletzte
16.12.1944
Luftangriff auf Siegen, mindestens 348 Tote, Zerstörung eines großen Teils von Alt-Siegen
1945
29.1.1945
Erneuter Luftangriff auf Siegen
1.2.1945
Schwerer Luftangriff auf Dörfer im Weißtal und auf Siegen, etwa 200 Tote
19.2.1945
Erneuter Luftangriff auf Siegen und Umgebung
März 1945
Abführung ausländischer Arbeitskräfte in Trecks in Richtung Osten
10.3.1945
Luftangriff auf Erndtebrück, 84 Tote
12.3.1945
Erneuter Luftangriff auf Siegen und Weidenau, etwa 235 Tote
17.3.1945
Erneuter Luftangriff auf Siegen
18.3.1945
Luftangriff auf Buschhütten, Ferndorf und Kreuztal
27.3.1945
Befehl des Kreisleiters der NSDAP, Walter Neuser, das Siegerland „von allen lebenden Wesen“ zu räumen, um die Infrastruktur vollständig zerstören zu können, den die Bevölkerung weitgehend ignoriert
29.3.1945
Erste US-Einheiten im Siegerland, Besetzung von Laasphe
1.4.1945
Erste US-Einheiten in Siegen
erste Aprilhälfte
Allgemeine Auflösung der staatlichen Gewalt, Welle von Plünderungen in der gesamten Region
2.4.1945
Einsetzung eines US-Kommandanten für Siegen
3.4.1945
Besetzung Berleburgs durch US-Einheiten
6.4.1945
Besetzung Erndtebrücks durch US-Einheiten
9.4.1945
Ende der Kampfhandlungen im Siegerland und Übernahme der staatlichen Gewalt durch US-Militär der Fronteinheiten
April 1945
Verhaftung und Internierung von zahlreichen Mitgliedern von NS-Organisationen im Siegerland und in Wittgenstein durch Militärregierung
14.4.1945
Berufung von Fritz Fries (SPD) zum Landrat des Kr. Siegen durch US-Militärregierung, seine Nachfolger: kurzzeitig Otto Schwarz (SPD) und bis zur ersten Kommunalwahl 1946 Heinrich Otto (KPD)
24.4.1945
Berufung von Fritz Fries zum Oberbürgermeister von Siegen als Nachfolger von Alfred Fissmer (NSDAP) durch die US-Militärregierung
von März 1933 bis Mai 1945
Tötung von mehr als 200 jüdischen Siegerländern und Wittgensteinern und von mindestens 140 als „Zigeuner“ und „Zigeunermischlinge“ kategorisierten Deportationsopfer aus der Region, Tötung einer unbekannten Zahl von politisch, religiös und sozial („Asoziale“) Verfolgten in Lagern und Haftanstalten sowie von Behinderten in den „Euthanasie“-Anstalten, Tötung einer unbekannten, aber dreistelligen Zahl von ausländischen Arbeitskräften, Flucht und Vertreibung einer unbekannten Zahl von Juden ins Ausland, dauerhafte Auslöschung der regionalen jüdischen Gemeinden
Frühjahr 1945 bis September 1946
Assembly Center 65 als überregionales Sammellager für Displaced Persons (vor allem ehemalige Zwangsarbeitskräfte) in den früheren Kasernen des Heidenbergs in Siegen
1.6.1945
Berufung von Fritz Fries zum Regierungspräsidenten in Arnsberg durch die britische Militärregierung
Juli 1945 bis etwa Herbst 1946
Begründung einer „Demokratischen Arbeitsgemeinschaft“ von Vertretern „der vier ehemaligen demokratischen Parteien“ DDP, KPD, SPD, Zentrum (Schopp, Heinrich Otto, Balogh, Peter Müller, u.a.), deren Arbeit die Vorstände von CDU, KPD, LDP/FDP, SPD fortführen
18.8.1945
Begründung eines gemeinsamen paritätisch besetzten Arbeitsausschusses durch die Funktionäre der SPD und KPD der Unterbezirke Siegen und Bekundung des „Willens zur Einheit“
ab September 1945
Gründung von politischen Parteien auf Kreisebene: SPD, CD(V)P (später: CDU), KPD, LDP (später: FDP)
1946
1946
Neuordnung der regionalen Presse durch Militärregierung: Gründung von Westfälischer Rundschau (SPD), Westfalenpost (CDU) und Freiheit (KPD) mit Regionalteilen für Siegerland und Wittgenstein, Publikationsverbot für „Heimatzeitungen“ (Siegener Zeitung, Wittgensteiner Kreisblatt), da als politisch belastet geltend
Anfang 1946 Eingriffe der Militärregierung in den Gründungsprozeß der CDU wegen undemokratischer Vergangenheit einiger Mitglieder; generelles Betätigungsverbot für den Geschäftsführer Ernst Bach und andere frühere Mitglieder von DNVP und EVD, die als antidemokratisch und militaristisch gelten; Rede-, Kandidatur- und Funktionsverbote gegen den Vorsitzenden Rudolf Gädeke und andere
11.6.1946
Arbeitsaufnahme der Entnazifizierungs-Spruchkammer Siegerland (Kreis und Stadt Siegen)
ab Juli 1946
Schrittweise Aufhebung der Betätigungsverbote für frühere Miglievon DNVP und EVD in der CDU
13.10.1946
Kreistagswahl: großer Erfolg der CDU in Siegerland und Wittgenstein
1947
1947 bis 1953
Mehr als 40 NS-Prozesse vor britischen und deutschen Gerichten wegen regionaler Ereignisse, die meisten davon zwischen dem Dezember 1947 und dem März 1949, einzelne Verfahren noch 1951 und 1953
3.2.1947
Erste Sitzung des Entnazifizierungsausschusses Siegen unter Präsident „Prof. Dr.“ Fritz Mann, einem Hochstapler
März 1947
In betrieblichen Abstimmungen Voten der Belegschaften mehrerer Siegerländer Großbetriebe der Schwerindustrie für eine „Sozialisierung“ des Wirtschaftssektors, für eine Bodenreform und die konsequente „Säuberung“ von Staat und Gesellschaft
1.4.1947
Proteststreik und Kundgebung zur verbesserten Versorgung der Siegerländer und zu einer „gerechten Verteilung“ der Lebensmittelrationen mit 10.000 Teilnehmern in Siegen
20.4.1947
Landtagswahl: CDU in Siegerland und Wittgenstein stärkste Partei
Mai 1947
Absetzung des Geschäftsführers der CDU und Repräsentanten der Zentrumstradition Albert Schopp durch rivalisierende Parteimitglieder, führende Rolle für Ernst Bach, Rudolf Gädeke und andere ehemalige Mitglieder von DNVP und EVD
13.5.1947
Hermann Giesler, prominenter NS-Architekt aus Siegen, von US-Militärgericht in Dachau (KZ-Mühldorf-Prozeß) verurteilt
Oktober 1947
Im Zusammenhang von Reparationsverpflichtung und Rüstungskonversion 26 Siegerländer sowie einzelne Wittgensteiner Betriebe auf Demontageliste für die britische und die US-Zone
19.12.1947
Erste von mehreren Rücknahmen der Demontage
22.12.1947
Siegerländer Großindustrielle Friedrich Flick und Bernhard Weiss im „Flick-Prozeß“ (Nürnberger Nachfolge-Prozeß, Fall V) verurteilt, Konrad Kaletsch, ebenfalls angeklagt, wird freigesprochen
1948
16.1.1948
Siegerländer Industriemanager Erich Böhne von französischem Militärgericht in Rastatt wegen Beihilfe zu Verbrechen an Zwangsarbeitern auf den Gruben Füsseberg bei Biersdorf und Friedrich Wilhelm bei Herdorf verurteilt
Februar 1948
Zeitweise Schließung des Entnazifizierungsbüros Wittgenstein wegen Korruption und Urkundenfälschung
17.10.1948
Kreistagswahl: CDU in Siegerland und Wittgenstein stärkste Partei
27.10.1948
Karl Hollidt, Kommandant der Garnison Siegen, im „OKW-Prozeß“ (Nürnberger Nachfolge-Prozeß, Fall XII) verurteilt
1948 bis 1953
Vorzeitige Entlassung der von britischen, französischen und US-Militärgerichten wegen NS-Gewaltverbrechen verurteilten Siegerländer (Bald, Böhne, Flick, Giesler, Hees, Hollidt, Weiss)
Ende 1948
Entlassung der letzten von den Westallierten festgehaltenen Kriegsgefangenen
1949
14.8.1949
Bundestagswahl: CDU im Siegerland und in Wittgenstein stärkste Partei
30.9.1949
Auflösung des Entnazifizierungs-Hauptausschusses Siegen-Olpe-Wittgenstein
November 1949
Wiedererscheinen der Siegener Zeitung
23.11.1949
Offizielle Einstellung aller Demontagevorhaben (Petersberger Abkommen), bis dahin 4 Volldemontagen, 11 Teildemontagen im Siegerland
1950
März 1952
Neugründung der 1945 von der Militärregierung verbotenen Siegerländer Kriegervereine als Kyffhäuserbund Kameradschaft Siegen, Rückgabe des beschlagnahmten Vermögens
1952
ab März 1952
Mit dem „Anerkennungsgesetz“ des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4.3.1952 müssen die anerkannten Verfolgten und Geschädigten des NS-Regimes durch Anerkennungsausschüsse überprüft werden, zahlreiche Aberkennungen in Siegerland und Wittgenstein.
1953
1953
Infolge der alliierten Auflage, den wirtschaftlichen und politischen Einfluß der Großwirtschaft durch „Entflechtung“ einzuschränken, Gründung der Einheitsgesellschaft Erzbergbau Siegerland AG
Januar 1953
In Siegen zwei letzte NS-Prozesse wegen regionaler Ereignisse
1955
1955
Im Gefolge der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der UdSSR und der Bundesrepublik vorzeitige Entlassung auch der letzten (als Kriegs- und NS-Straftäter inhaftierten) Siegerländer und Wittgensteiner aus sowjetischer Haft
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